Winterlibellen im Winter – ein unvollendetes Fotoprojekt (Februar 2023)

Gemeine Winterlibelle, Sympecma fusca, Weibchen, im Winterquartier
Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) Weibchen, 26.2.2023

Winterlibellen im Winter. Winterlibellen überzogen mit Raureif oder bedeckt mit Schnee. Von diesem Aspekt gibt es bisher nur wenige Fotos in meinem Archiv und mit keinem bin ich wirklich zufrieden. So standen die Winterlibellen, genau genommen die Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca), über die Wintermonate im Fokus meiner fotografischen Aktivitäten.

 

Die Gemeine Winterlibelle ist eine von zwei heimischen Libellenarten, die als Imago (geschlechtsreifes Insekt) überwintert. Zum Überwintern suchen die Winterlibellen windgeschützte Lichtungen oder Waldrändern auf, die auch mehrere Kilometer vom Fortpflanzungsgewässer entfernt sein können. Hier verbringen sie die kalten Monate, um dann Ende März/Anfang April zu den Fortpflanzungsgewässern zu fliegen und für die nächste Libellengeneration zu sorgen.

Oktober 2022 – die letzten Flugaktivitäten

Es gab mehrere Stellen in der Nähe meines Wohnortes, an denen ich aufgrund von früheren Frühjahres- bzw. Herbstbeobachtungen Überwinterungsquartiere der Gemeinen Winterlibelle vermutete. Ich suchte diese Gebiete, vornehmlich südexponierte Waldränder oder Waldwege, im Oktober 2022 auf und wurde fündig.

Der Oktober 2022 war warm und trocken. Selbst Ende des Monats gab es tagsüber noch Temperatur über 20 °C und aktive Winterlibellen. Regelmäßig entdeckte ich Tiere, die sich an Kiefernstämmen oder auf Totholz und manchmal Steinen sonnten.

 

Die Fluchtdistanz der Gemeinen Winterlibellen war zum Ende der Aktivitätsphase meist gering. Trotzdem blieb ich auf Abstand und fotografierte mit dem 180 mm Makroobjektiv, montiert auf einem Dreibeinstativ. Mit diesem Equipment fotografierte ich auch während des Winters.


Das Suchen beginnt – wo sind die Überwinterer?

Im November 2022 gab es keine aktiven Winterlibellen mehr. Sind die Libellen tatsächlich an den ausgewählten Waldrändern geblieben und wo haben sie sich versteckt? Es begann eine zeitintensive Suche. Am 9. November 2022 entdeckte ich den ersten Überwinterer: ein Männchen der Gemeinen Winterlibelle. Es saß einen halben Meter hoch an einem Faulbaumtrieb. Aber nicht wie erhofft an einem Waldrand, sondern vor Kälte und Wind geschützt einige Meter tief in einem Kieferbestand.

Es dauerte bis Dezember, bis ich weitere Überwinterer entdeckte. Am 8. Und 9. Dezember fand ich jeweils zwei Weibchen, die auf einer Fläche von wenigen Quadratmetern verteilt waren. Auch diese Tiere saßen einige Meter tief in demselben Kieferbestand wie das Männchen.

 

Als es Mitte Dezember frostig wurde, musste ich feststellen, dass sich die fünf Libellen wirklich einen geschützten Überwinterungsplatz ausgesucht hatten. Auch nach starkem Frost und bei winterlich bereifter Landschaft blieben die Winterlibellen wenig winterlich. Es gab keine mit Raureif überzogenen Tiere.


Ein neues Jahr und zunächst nichts Neues

Zum Jahreswechsel wurde es ungewöhnlich warm. Bei den fünf überwinternden Libellen änderte sich vorerst kaum etwas. Mal saßen sie ein paar Zentimeter höher, mal ein paar Zentimeter niedriger. Auch die Ausrichtung war nicht immer gleich. Sie waren zuverlässig da, aber nie andeutungsweise bereift. Und Schnee gab es schon gar nicht.

 

Am 8. Februar bekam ich Besuch von zwei Winterlibellenspezialisten. Mit geschultem Auge entdecken meine Besucher zwei weitere überwinternde Gemeine Winterlibellen. Ein Weibchen nur wenige Meter neben dem bekannten Männchen und ein zusätzliches Männchen auf einer kleinen Lichtung einige hundert Meter entfernt. 

 

Ich lernte einiges über potenzielle Überwinterungsplätze und suchte danach an Stellen, die ich bisher nicht berücksichtigt hatte. Und tatsächlich fand ich am 9. Februar ein weiteres Weibchen, wiederum einige hundert Meter von den beiden anderen Fundorten entfernt.

 


14. Februar 2022 – für einen Tag Frühling

Der Wetterbericht kündigte für den 14. Februar Frühlingswetter an. Am Morgen kontrollierte ich die acht überwinternden Libellen. Sie saßen alle noch an ihren Plätzen.

 

Gegen Mittag suchte ich einen mir bis dahin noch unbekannten, südexponierten Waldrand auf. Es war windgeschützt und warm. Die Winterjacke konnte ich gleich ausziehen. Und dann dauerte es auch nicht lange, bis ich auf einem am Boden liegenden Stück Totholz die erste sich sonnende Winterlibelle erblickte: ein Weibchen. Wenige Schritte weiter fand ich auch noch ein Männchen. Die ersten Tiere waren aktiv und flugfähig!

Alles ist anders – der Tag danach

Am 15. Februar sollte es noch einen Frühlingstag geben. Doch am Morgen war die Landschaft in dichten Nebel gehüllt. Es zeigte sich, dass auch „meine“ acht Überwinterer den warmen Vortag genutzt hatten. Kein Tier saß mehr an seinem Platz und fünf waren gänzlich verschwunden. Lediglich von den vier Weibchen, die ich Anfang Dezember entdeckte, fand ich drei in der Nähe wieder. Alle waren mit Tau bedeckt. Zum ersten Mal überhaupt, seit ich die überwinternden Libellen beobachte.


Keine winterlichen Winterlibellen

Ende Februar. Die mittlerweile kräftige Mittagssonne sorgt dafür, dass die Gemeinen Winterlibellen bei Sonnenschein aktiv sind, sich sonnen und umherfliegen. Mit jedem sonnigen Tag verteilen sich die Libellen weiter.

 

Es ist mir gelungen, überwinternde Winterlibellen zu finden. Es ist mir nicht gelungen, diese in einem winterlichen Umfeld zu fotografieren und es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass es mir zeitnah noch gelingen wird. Ich halte die Augen trotzdem offen.