Im letzten Herbst, als die Eibe, genau genommen die Europäische Eibe (Taxus bacata) noch die leuchtend, roten Früchte trug, nahm ich mir vor, mich mit diesem ungewöhnlichen Nadelbaum über den Winter fotografisch etwas näher zu beschäftigen.
Die Europäische Eibe kann mehr als tausend Jahre alt werden. Sie altert extrem langsam und bildet ein langlebiges, widerstandsfähiges und biegsames Holz. Schon die Alemannen und Wikinger nutzten diese Eigenschaften, um Bogenwaffen aus Eibenholz zu fertigen. Auch bei der Gletschermumie "Ötzi" fand man einen Bogen aus Eibenholz.
Vor allem junge Eiben sind Schattenpflanzen. Sie gedeihen nur im Schatten, vor allem im schattigen Unterstand anderer Bäume. Die Europäische Eibe gilt als die schattenverträglichste Baumart Europas.
Die ersten Makrofotos zu dieser Fotostrecke machte ich im Oktober 2020. Die auffällig leuchtenden, roten Früchte waren die ersten Motive. Schnell bemerkte ich, dass die ersten Früchte bereits abgefallen waren. Auf den gelben Wedeln des unter der Europäischen Eibe wachsenden Adlerfarns fanden sich rote Flecken, Reste des Fruchtfleisches. Das rote Fruchtfleisch ist übrigens der einzige Teil der ansonsten hochgiftigen Eibe, der nicht toxisch ist.
Charakteristisch für die Europäische Eibe ist die rötlich braune Schuppenborke. Sie liefert viele fotografisch interessante Details. Besonders farbintensiv ist die Schuppenborke nach Regen. Aufgrund der schattigen, aber dadurch auch regengeschützten Standorte, musste ich länger suchen, um feuchte, leuchtende Stämme zu finden und zu fotografieren.
Die grünen, weichen und biegsamen Nadeln der Europäischen Eibe habe ich überwiegend mit "Altglas" fotografiert. Manche dieser alten, manuellen Objektive, die sich heute mittels einfacher Adapter an wohl fast jede Systemkamera montieren lassen, liefern ein ungewöhnliches Bokeh. Kürzlich habe ich aus einem defekten Diaprojektor ein Colorplan Dia-Projektionsobjektiv 1:2,5/90mm ausgebaut, dieses in einen Zwischenring eingesetzt und so mit der Kamera verbunden. Eigentlich nur als Test gedacht, kommt diese Kombination immer häufiger zum Einsatz.
Ende Januar kam der Winter. Es wurde sogar richtig winterlich. Europäische Eiben mit Schnee, ein neues Motiv. Eine Eibe stand ziemlich frei und war schnell komplett mit einem Schneemantel bedeckt. Ich nutzte diese Situation u. a. für Gegenlichtaufnahmen. Die meisten Kameras werden von dem grellen Weiß des Schnees irritiert und wählen zu knappe Belichtungszeiten. Die Fotos werden zu dunkel. Ich habe daher die Schneebilder um 2/3 bis 1 1/3 Blendenstufen überbelichtet.
Von den übrigen einheimischen Nadelbäumen unterscheidet sich die Eibe durch eine weitere außergewöhnliche Eigenschaft. Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die Blüten erscheinen im März und sollen den Abschluss meines Fotoprojektes bilden. Um die kleinen Blüten zu fotografieren, setze ich ein Makroobjektiv ein, für formatfüllende Aufnahmen auch ein 65 mm Lupenobjektiv.
Übrigens: Nur eine Eibe mit weiblichen Blüten entwickelt später die charakteristischen roten Früchte.